Lufthansa-Flug nach Köln. Ich nicke kurz nach dem Start ein. Als ich aufwache, scheint der Landeanflug bereits begonnen zu haben, denn wir fliegen vergleichweise tief, vielleicht 200-300 Meter über einem Wald. Das Flugzeug legt sich schnell in eine Rechtskurve, die schon bald einen 90-Grad-Winkel bildet, aufgeregtes Geschrei in der Kabine; wir halten diesen Winkel minutenlang, ich schließe schnell die Augen, damit mir nicht schlecht wird, fühle mich in diesem schrägen Dunkel erstaunlicherweise recht geborgen. Durchsage des Piloten, der stark sediert wirkt und von Turbulenzen spricht. Weiterhin große Unruhe in der Kabine.
Schnitt.
Mit einem anderen Fluggast aus der Maschine stehe ich am Frankfurter Flughafen an einer Tür, die aus einem neu gebauten, noch nicht öffentlich genutzten Terminal herausführt auf eine ebenfalls neu gebaute Start- und Landebahn. Wir rauchen. Plötzlich wird ein Alarm ausgelöst, offenbar dadurch, dass wir eine der Türen geöffnet haben. Hektisches Herumrennen von Sicherheitsleuten, wir beide hingegen werden gar nicht beachtet. Nach einigen Minuten wird uns klar, warum: Wir tragen beide nachtblaue Bauarbeiterkluft.
(Aufgew.)
Tavel 2010, schmeckt auch im Herbst.
slow tides and falling grace
reflections cold in this space
i am floored and can't return
this winter's white, its silence burns
Unglaublicher Bock auf Spaghettini mit weißen Trüffeln. Unglaublicher Bock.
Ich stocherte durch alte Verträge und hörte dabei die sanft-beruhigende Musik von The National.
Der ideale Taxifahrer chauffierte mich gestern heim. Lederjacke, freundliche Begrüßung, kannte Fahrtziel und besten Weg dorthin, W123 mit Schaltgetriebe und 240.000km auf der Uhr. Durchschnittsgeschwindigkeit 65 km/h innerstädtisch, John Zorn im Autoradio, er sah mich und wusste, dass er laut stellen konnte. "Macht 16,40" - "Hier, stimmt so". "Geil, danke". "Selber danke". "Nachti"
Champagner und Bringdienstpizza.
Strumpfhalter und "No hay banda!"
Rotwein und Squirt-Trophäe.
Jeden Morgen freue ich mich darauf mein Kind zu wecken. Ich gehe in die Küche, mache ihr einen warmen Kakao und ein Brot mit Haselnusscreme, Honig oder Marmelade. Dann stelle ich die Tasse mit auf den Teller, gehe den Flur entlang, öffne leis' ihre Tür.
Da liegt sie, bettwarm, meist auf der Seite, ihr blondes Haar verdeckt halb ihr Gesicht. Sie seufzt auf, atmet tief ein, räkelt sich, streckt sich, legt sich auf die andere Seite.
Ich stelle den Teller und die Tasse auf ihrem Nachttisch ab, sage leise "mach mal Platz", sie rückt ächzend zur Seite, ich lege mich neben sie, stecke meine Nase in ihr Haar und halte sie fest.
So liegen wir da, eine halbe Minute, unbeweglich, warm. Dann erzählt sie mir, was sie geträumt hat.
Und jede Minute davon genieße ich. Mag es draußen regnen, schneien, stürmen oder sonnen, diese Minuten gehören uns ganz allein.
Und alle, die jetzt im Chor Coldplay schmähen, die sollen jetzt bitte doch nochmal die letzten zweieinhalb Minuten von "Politik" hören.
Während sich die Vorstandsmitglieder abwechselnd das Mikro in die Hand gaben und redeten, Zahlen präsentierten, Hoffnungen schürten und mit dem Leuchtpfeil die Leinwand beleidigten; während all dem saß ich gefühlsimprägniert herum und war woanders, weit weg von dem Schwachsinn.
Nach inspirierendem Trunk und Gespräch wachte ich am nächsten Morgen mit stählerner guter Laune auf, hörte gar zwei mal direkt hintereinander "Pioneer to the falls", durch sanftwarmen Nieselregen schreitend, erstarkt.
Ich war wach und aufmerksam.
Man würde dann irgendwann woanders wohnen. Die Stadtwohnung verkaufen, die Viertelmillion einsacken, irgendwo raus ans Meer oder zumindest an den See, dort eine Trutzburg schaffen oder - besser - eine altehrwürdige Trutzburg beziehen. Man würde Verbindungen kappen. Man würde das Internet draußen lassen, das permanent schreiende Internet. Man würde lachend sämtliche Handys kaputt treten. Man würde mit dem glücklich sein, was man hat. Man würde nicht mehr rastlos nach dem Besseren suchen, sondern lächelnd den Strom an Informationen, Neuerscheinungen aller Art an sich vorbei ziehen lassen. Man würde keine CDs und Musikdownloads mehr erwerben, so lange man nicht jede Mahler- und jede Bruckner-Sinfonie Ton für Ton auswendig kennte.
Eine kühle, feuchte, novembrige Dunstglocke lag über der Stadt. Es roch zart nach der Emulsion, mit der man in Diskotheken Kunstnebel erzeugt. Alles war in ein helles Grau gefasst. Die Luft wirkte leicht aktivierend. Es stand, das spürte ich ganz stark, ein längerer Text vor der Niederkunft, sich über die letzten Wochen und Monate geformt habend. Ich würde einen Ruck brauchen und mich aus allem herausreißen, mich irgendwo einschließen in eine Dichterklause und ihn herunterrotzen müssen.