Hannover.




Drahtseil.




Und immer wieder: Überraschungen.



 
Schreibtisch aufgeräumt. A3-Papier. Bleistifte. Monitor geputzt. Kaffee bereit. Es geht los.



 
Lana del Rey spielt 70 Minuten. Keine Zugabe. Aber in diesen 70 Minuten gibt es Intensität satt. Und in ihr vereinigen sich alle nur denkbaren Männerprojektionen. Sie ist kühl. Sie ist heiß. Filmprojektionen: Sie sitzt auf dem Rücksitz eines Moppeds, am Steuer ein langhaariger Rocker, natürlich ohne Helm (beide). Sie sausen über einen Highway. Sie raucht.

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Sie trägt auf dem Konzert ein weißes Kleid. Darunter perfekte Beine. Sie geht in die Hocke, um Geschenke entgegen zu nehmen. Wer zuschaut, verspürt den irren Drang, sie zu lecken.

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Sie verschenkt Teile ihrer Seele. Sie singt. Sie weint bei "Born to Die". Welch ein Phantasma. Aber sie ist eine Kunstfigur. Das darf nicht vergessen werden.

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Ein echter Mensch saß auf meinen Schultern. 50 Kilo. Zart. Glücklich. Lieb. Als ich sie von den Schultern ließ, sagte sie "Danke, Papa".



 
Der längste Tag des Jahres.



 
Dieses Lied zu spielen, ohne in Tränen auszubrechen, muss Bill Callahan volle Kraft abverlangen. Er begibt sich hierzu in einen Kokon, in eine Selbst-Distanz, die nur eine membrandünne Schicht von seinem wirklichen Empfinden entfernt ist. Es wird nicht klar, ob er derjenige ist, der geht - oder ob es jemand anders war, der von ihm ging. Es macht für dieses Lied auch keinen wirklichen Unterschied.

Callahan fährt seinen komplett eigenen Film, das Lächeln ist kein entspanntes, kein glückliches Lächeln, es ist ein Schutzlächeln, ein Zusammenbruch-
vermeidungslächeln, das für Sekundenbruchteile einen leichten Trotz zeigt.

Der Teil, wo es vom unaufgelösten D-sus-Akkord zurück in die C-Dur-Strophe geht, das ist einer der seltenen Momente der absoluten musikalischen Genialität. A la Notwist: "Fail with consequence. Lose with eloquence. And smile."





 
Mond Konjunktion Merkur.



 
Es erging eine ausgesprochen dürre Nachricht des Aufsichtsratsvorsitzenden, derzufolge der CEO vorzeitig abgesetzt worden war. Ich war nicht unfroh darüber, daran einen prozentualen Anteil im zweistelligen Bereich gehabt zu haben.




Er sehnte sich zurück nach einer Zeit, in der es kein Internet und keinen Mobilfunk gab. Nach einer Zeit, in der man sich verabredete und hinging. In der man sich nicht zuvor mehrmals per Kurznachricht über die Verabredung Bestätigungen zuschob, oder gar noch eine Minute vorher "sitze hinten links" kurznachrichtete. Nach dem Innengeruch von in der Sonne gebratenen Telefonzellen als Sehnsuchtsableiter. Der Geruch von nassem und wieder trocken gewordenen Telefonbuchpapier, Geldmünzen und einem Hauch von Zigaretten und Schweiß. Er sehnte sich nach einer Zeit, in der man weniger voneinander wusste und sich mehr aufeinander freute. Nach einer Zeit, in der man noch nicht wenige Minuten vor einem Treffen über die Befindlichkeit des zu Treffenden informiert war. Nach einer Zeit, die mehr Ruhe und mehr Leidenschaft zugleich brachte.




Als ich die Wohnungstür aufschloss, überraschte mich mein hustendes Kind mit einer selbst beigebrachten Version von Radioheads Last Flowers.



 
Eine ganze Zeitung voller Nachrufe.




Heiss.
Cool.

Wein.
Fleisch.

3:1




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