Lyon zeigte sich bei der Ankunft von der unwirtlichen Seite. Der im Umbau befindliche Flughafen zwang den Reisenden, kilometerweite, teils eiskalte, teils überhitzte Gänge entlang zu gehen. Das hastig gebuchte Appartement war klein und verwarzt. Es graupelschauerte.

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An der Station Dauphiné-Lacassagne wartete ich auf meine Tochter, die ich drei Monate lang nicht gesehen hatte. Die Tram näherte sich. Sie stieg aus. Wir klammerten uns weinend vor Glück aneinander. Sie schluchzte laut.

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Den Abend verbrachten wir im Appartement in der Rue Dauphiné. Sie zeigte mir ihre Fotos, ihr Schulzeugnis, ihre Klassenarbeiten und Tests. Wir aßen Nudeln mit rotem Pesto. Dann gingen wir schlafen, sie im Wohnzimmer auf der Couch, ich im Schlafzimmer. Nachts kam sie zu mir, weil sie fror.

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Am nächsten Tag zeigte sie mir ihr Lyon. Die Confluence, wo Rhône und Saône zusammenflossen. Die Orte, an denen sie häufig gewesen war in den letzten drei Monaten. Das Musée de Confluence. Wir wärmten uns auf einer kurzen Bootsfahrt und spazierten über den Weihnachtsmarkt.

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Später in der Gastfamilie. Hier hatte sie es also drei Monate lang ausgehalten. Bei einer überlasteten, alleinerziehenden Mutter, bei einer indifferenten, alles andere als herzlichen Correspondante und ihrer kindischen, bösartigen Schwester. Alle erkältet, hustend, erledigt. Konversation, bemühte Normalität.

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Abends packten wir gemeinsam ihren Koffer. Wie sehr sie sich auf Zuhause freute.

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Am nächsten Morgen Heimflug nach Berlin. Müde, aneinandergelehnt, die Sitzreihe für uns. Interpol und Candy Crush. Am Flughafen überraschte sie ihr Freund mit einem Blumenstrauß. Vor der Haustür ihrer Mutter überraschte sie ihre beste Freundin. Glückstränen.

Schön, dass du wieder nah bist, mein Licht.




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